Unterstützt ein isoliertes Deutschland jetzt auch Rassismus?
Guido Knopf | 20.04.2009 12:37 | Guantánamo | Anti-racism | Repression | Terror War | Oxford | World
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"Wir sind uns der Tatsache bewusst, dass die Menschheitsgeschichte als Ergebnis grober Menschenrechtsverletzungen voll von gravierenden Gräueltaten ist, und glauben, dass man zur Vermeidung künftiger Tragödien durch die Besinnung auf die Geschichte lernen kann. Wir rufen in Erinnerung, dass der Holocaust niemals vergessen werden darf. Aufs Tiefste betroffen, stellen wir religiöse Intoleranz gegen bestimmte Glaubensgemeinschaften sowie das Aufkommen feindlicher Handlungen und Gewalt gegen solche Gemeinschaften wegen ihres religiösen Glaubens und ihrer rassischen oder ethnischen Abstammung in diversen Teilen der Welt fest, was vor allem ihr Recht auf freie Glaubensausübung beschneidet."
"Wir stellen auch mit größtem Bedauern die Zunahme von Antisemitismus und Islamfeindschaft in verschiedenen Teilen der Welt fest, sowie das Aufkommen rassistischer und gewalttätiger Bewegungen, die auf Rassismus und diskriminierenden Vorstellungen gegen Juden, Muslime und arabische Gemeinschaften basieren."
"Wir sind besorgt über die Leiden der Palästinenser unter fremder Besatzung. Wir erkennen das unabdingbare Recht der Palästinenser auf Selbstbestimmung und Errichtung eines unabhängigen Staates an; und wir erkennen das Recht auf Sicherheit für alle Staaten der Region an, einschließlich Israels, und rufen alle Staaten zur Unterstützung des Friedensprozesses auf, um ihn zu einem schnellen Abschluss zu bringen.“
"Wir rufen zu einem gerechten, umfassenden und dauerhaften Frieden in der Region auf, in der alle Menschen nebeneinander existieren sollen und Gleichheit, Gerechtigkeit sowie international anerkannte Menschenrechte und Sicherheit genießen. Wir erkennen das Recht der Flüchtlinge auf freiwillige Rückkehr in ihre Häuser und Besitztümer in Würde und Sicherheit an, und drängen alle Staaten, eine solche Rückkehr zu ermöglichen."
Das komplette Dokument ist einzusehen auf der offiziellen Seite der Konferenz:
http://www.un.org/WCAR/
Der Begriff “Zionismus“ kam im Abschlussdokument gar nicht vor und der Begriff “Israel“ lediglich zwei Mal; ein Mal, wie oben erwähnt, und bei zweiten Mal mit Hinweis auf den angestrebten Friedensprozess zwischen Palästinensern und Israelis.
Daneben gab es eine begleitende Konferenz nichtsstaatlicher Organisationen, den so genannten NGOs. Die hatten allerdings mit überwältigender Mehrheit jene Formulierung, dass Zionismus Rassismus ist, in ihrer alternativen Erklärung abgegeben, darunter auch NGOs aus fast allen europäischen Ländern. Am 9.9.2001 stand Israel als staatlicher Unterstützer von Rassismus weltweit in den Schlagzeilen (selbst wenn der deutsche Leser in solchen Fällen nur eine “abgeschwächte Version“ erfährt). Am 11.9.2001 war es kein Thema mehr. Andere Ereignisse hatten jegliche Schlagzeilen der Vortage verdrängt und sollten die Weltgeschichte in eine sehr kriegerische Epoche lenken.
Heute beginnt also die “Folgekonferenz“, und es war von vornherein klar, dass Israel nicht an einer Konferenz teilnehmen würde, in der sie dazu aufgerufen werden, Palästinensern zumindest einen klitzekleinen Teil ihres eigenen Land zurück zu geben. Und dass die USA jede Bewegung Israels mittragen, ist keine besonders neue Erkenntnis. Auch optimistische Kenner der Szene haben unter dem neuen US-Präsidenten Obana nichts anderes erwartet angesichts seines Kabinetts und Stabschefs im Weißen Haus. Allerdings haben einige wenige andere Länder ebenfalls die Teilnahme abgesagt; darunter auch Deutschland.
Hintergrund sei – so übereinstimmende Medienberichte (oder sollte man sagen Propaganda der Hofberichterstattung?) – angebliche antiisraelische Beschlüsse des Vorgängertreffens 2001. Bei solchen Propagandameldungen (oder sollte man von Lüge sprechen?) wird davon ausgegangen, dass die meisten Leser sich ohnehin kaum an eine Ereignis von vor acht Jahren erinnern können und die wenigsten im Abschlussdokument nachlesen werden. Tatsache ist, dass sich im Abschlussdokument von Durban I keine einzige antiisraelische Passage befindet!
Allerdings hat sich seit 2001 Einiges geändert. Israel hat seither Tausende von Zivilisten im Libanon und im Gaza-Streifen massakriert, dass selbst die Schweigsamkeit deutscher Medienanstalten und von Politikern das Ansehen Israels nicht retten konnten. Inzwischen regiert in Israel eine Koalition, die sich ganz offen zum Rassismus bekennt und nichts davon wissen will, dass Palästinensern irgendein Flecken Staat zuerkannt wird. Der Rassismus des amtierenden israelischen Außenministers ist derart offensichtlich, dass selbst deutsche Medien (und das will schon etwas heißen) das nicht mehr verheimlichen können.
Gleichzeitig ist die lächelnde Hoffnungsmaske des neuen US-Präsidenten gefallen. In aller Öffentlichkeit hat Obama einerseits faktisch zugegeben, dass die CIA unter seinem Amtsvorgänger gefoltert hat und andererseits sämtlichen Folterverbrechern in eigenen Reihen eine Amnestie gewährt. Eine Amnestie wäre ja kaum nötig gewesen, wenn es keine Folter im großen Ausmaß mit staatlicher Stützung gab. Damit hat Obama nicht nur das Gesicht der USA als Folterstaat zementiert sondern auch alle Staaten vorgeführt, die sich uneingeschränkter Treue zu den USA (und Israel bekennen), und das sind nicht mehr sehr viele Staaten.
Jene Staaten, die die Konferenz offizielle boykottieren, sind neben den USA und Israel nur noch Italien, Australien und die Niederlande. Laut Medienberichten hatte der deutsche Außenminister Steinmeier bis zuletzt versucht, auch Frankreich, Großbritannien, Schweden, Dänemark, Spanien und Tschechien auf die Boykottlinie einzuschwören, war aber gescheitert ist. Inzwischen fällt es selbst der deutschen Hofberichterstattung immer schwerer den von ihr so gern verwendeten Begriff der “Internationalen Staatengemeinschaft“ für die eigene Position zu missbrauchen, denn Russland, China, Indien und fast alle afrikanischen, südamerikanischen und asiatischen Länder (bis auf Israel) sind auf der Konferenz vertreten!
Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad, der bereits am Sonntag mit dem Schweizer Bundespräsidenten Hans-Rudolf Merz zusammentraf, will heute auf der Konferenz eine Rede halten, auf die man gespannt sein darf. Es ist davon auszugehen, dass er einmal mehr den Zionismus als Rassismus anprangern wird, was niemanden erstaunen dürfte. Viel erstaunlicher ist es, dass angesichts der aktuellen israelischen Regierungen Deutschland nach wie vor jeden Schritt Israels mitträgt. Das lässt den Eindruck zu, dass die deutsche Politik auch gewillt ist, einen offen vorgetragenen Rassismus Israels zu unterstützen. Offenbar scheint dabei kaum jemanden aufzufallen, dass Deutschland sich damit zusehends isoliert in der “Internationalen Staatengemeinschaft“.
Die Genfer Konferenz soll am kommenden Samstag abgeschlossen werden. Es ist zu hoffen, dass dieses Mal mehr Zeit bleibt, über die Ergebnisse der Konferenz zu diskutieren, auch über die Ergebnisse der Abschlusserklärung von NGOs, die auch dieses Mal bei der Konferenz anwesend sein werden.
Wer wirklich gegen Rassismus ist, der muss jegliche Form von Rassismus bekämpfen, unabhängig davon, ob er im Namen des Islams, Christentums oder Judentums praktiziert wird. Ein Rassismus, der besagt, dass Nichtjuden als Staatsbürger Israels stets nur Bürger zweiter Klasse sein können, wird auf Dauer nicht zu verteidigen sein, selbst mit aller Medienmacht nicht! Aber wer zu spät kommt, den bestraft das Leben, hatte einst ein kluger Politiker gesagt. Das System, dass er damals vertrat, kam teilweise zu spät, so dass davon nur noch ein Rumpf übrig geblieben ist. Der westliche Kapitalismus, deren Vorkämpfer sich als besonders hartnäckig in der Verteidigung eines zionistischen Rassismus erwiesen haben, kommt aber offenbar noch viel zu später. Was wird von ihren Trümmern übrig bleiben?
Es wäre für den Weltfrieden hilfreich, wenn deutsche Politik sich im Übermut der eigenen Stärke nicht schon wieder auf die Seite des vermeintlichen “Endsieges“ schlägt, sondern in einer vernünftigen und sachlich logischen Politik Prinzipien und Werte verteidigt, die es wert sind, verteidigt zu werden. Und jene Prinzipien und Werte müssen auch dann verteidigt werden, wenn sie von der eigenen Seite oder vermeintlichen Verbündeten gebrochen werden.
Rassismus ist eine der schlimmsten Verbrecher aller Zeiten der Menschheitsgeschichte. Doch wer Rassismus bekämpfen will, der kann nicht einzelnen Staaten Sonderrechte diesbezüglich gewähren. Ein Zionismus, der besagt, dass Israel (in welchen Grenzen auch immer) ausschließlich ein Staat von Juden ist und Christen und Muslime daher zwangsläufig mindere Rechte haben werden, wird auf Dauer nicht zu verteidigen sein, selbst wenn Deutschland bis zuletzt daran festhält. Aber ein Staat im Nahen Osten, in dem Juden, Christen und Muslime gleichberechtigt gemeinsam für Gerechtigkeit, Frieden und Freiheit eintreten und der seine rassistische Vergangenheit ähnlich bewältigt, wie es Südafrika einst getan hat, könnte zum Vorbild für viele Staaten werden. Und warum sollte dann die nächste Anti-Rassismus-Konferenz nicht in Jerusalem stattfinden? Durban III in Jerusalem; das wäre eine Perspektive, die viel mehr Hoffnung verbreitet, als die dumme Lakaientreue gegenüber einem sich zunehmend aggressiver gebärdenden Zionismus. ... Von Yavuz Özoguz am 20. April 2009 http://www.muslim-markt.de/forum/messages/648.htm
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Verhörpraxis der USA: 183 mal mit Wasser gefoltert
http://www.taz.de/1/politik/amerika/artikel/1/verdaechtiger-183-mal-mit-wasser-gefoltert/
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Nach Absprache mit EU und USA: Steinmeier sagt Rassismus-Gipfel ab
http://www.taz.de/1/politik/europa/artikel/1/steinmeier-sagt-antirassismus-gipfel-ab/
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http://www.un.org/WCAR/ - 1. UN-Antirassismus-Konferenz
Guido Knopf
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